Eselsohr

Eselsohr: Nächster Stopp Berlin

Berlin Schillerkiez. Eine Gegend, wo das Aufwachsen nicht so einfach ist. Jedenfalls nicht für Niklas, dessen Vater auf Mallorca hockt. Stattdessen hat es sich Kaminski bei ihnen zu Hause gemütlich gemacht, der die Tage vor dem Fernseher verbringt und wegen dem Niklas ständig Streit mit seiner Mutter hat. Außerhalb der Wohnung sieht es nicht viel besser aus: Da warten Murat und seine Gang, vor denen Niklas sich in Acht nehmen muss. Aber dann passiert etwas eigentlich völlig Unglaubliches, der Traum eines jeden, der raus will aus trostlosen Verhältnissen. Bankräuber werfen auf der Flucht vor der Polizei eine Tasche mit Fett Kohle in den Müllcontainer vor Niklas’ Haus. Ohne groß nachzudenken fischt Niklas die Tasche aus dem Müll. In einer Mischung aus Hoffnung auf bessere Zeiten und „jetzt können wir das Geld auch nicht mehr zurückgeben“ vergraben er und sein Freund Felix die Tasche und geraten in einen Strudel von Verfolgern. Da sind Cowboy und Glatzenmann, die brutal-dummen Diebe, die konsequent ihrer Ahnung nachgehen, dass Niklas und Felix die Diebe der Diebe sein könnten. Der erste Versuch, die Gangster mit einer fingierten Geldübergabe aufs Tempelhofer Feld zu locken, scheitert und wäre für die beiden schlimm ausgegangen, wäre da nicht der ominöse George, ein Engländer, mit dem sich nur per Übersetzungsgerät kommunizieren lässt.

Dorit Linke hat mit ihrem zweiten Roman nicht nur einen spannenden Kinderkrimi geschrieben, sondern tritt auch in die Fußstapfen Erich Kästners. Genau beobachtend und sprachlich so witzig wie authentisch, zeichnet sie ganz nebenbei das Bild eines sozialen Milieus, in dem Armut und Lethargie herrschen und die erwachsenen Vorbilder fehlen. Trotzdem begegnet Linke ihren Charakteren mit viel Liebe, gerade auch in ihren Schwächen. Und am Schluss gibt es nicht nur einen tollen Showdown auf dem Tempelhofer Feld – dem Alliierten-Flugplatz, der seit seiner Schließung zur urbanen Oase der Berliner geworden ist – , sondern auch eine lernfähige Mutter.

Ein Muss für alle Berlin-Liebhaber und Krimibegeisterten ab 10 Jahren.

Quelle: Eselsohr, August 2015, Kathrin Köller
Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendmedien