Die Friedliche Revolution in Rostock
Donnerstag, der 23. Dezember 2021Der Fotograf Roland Hartig hat im Herbst 1989 mutig und beherzt die Friedliche Revolution in Rostock fotografiert und dokumentiert.
Anfangs waren die Demonstranten aus Angst oder Unsicherheit nicht davon begeistert, dass jemand Fotos von ihnen anfertigte. Immer wieder hörte man Rufe wie “keine Fotos” oder “keine Stasi”. Man rechnete eher damit, von der Staatssicherheit überwacht zu werden als mit einem privaten Fotografen, der die historische Dimension begriff und festhalten wollte. Wie gut, dass sich Roland Hartig nicht von seinem Vorhaben hat abbringen lassen.
Entstanden ist eine einzigartige Chronik der damaligen Ereignisse in meiner Heimatstadt. Dafür sage ich – nach 30 Jahren – herzlich Danke!
Die Erklärungen zu den Fotos hat er ebenfalls verfasst.
Weitere Fotos folgen in den kommenden Tagen. Du möchtest darüber informiert bleiben? Dann bitte hier entlang.
Das Spruchband „Zutrauen zur Zukunft – Neues Forum“ und der Schmetterling „Gewaltfrei für Demokratie“ sind die Erkennungszeichen der Donnerstagsdemonstrationen im Herbst 1989 in Rostock. Dabei trägt Stephan Mahlburg den bunten Butterfly stets voran, den er in der Tischlerei Riebe erschaffen hat. Heute schmückt das Werk sein Büro, von wo er als Sozialrichter agiert. Eine Kopie befindet sich in der Dokumentations- und Gedenkstätte in der ehemaligen U-Haft der Stasi in Rostock.
Am 12. Oktober 1989 wird die zweite Fürbittandacht in Rostock auf Grund des großen Zulaufs von etwa 3000 Bürgerinnen und Bürgern in die Marienkirche verlegt. Vor der Kirche formiert sich eine Mahnwache.
Die friedliche Revolution in Rostock 1989, die neben den Demo-Hochburgen Leipzig und Berlin auch hier von den Kirchen ausging, nahm Anfang Oktober 1989 an Fahrt auf. So beginnt in der Rostocker Petrikirche am 5. Oktober um 20 Uhr die erste Fürbittandacht für inhaftierte Leipziger Demonstranten. Mehr als 500 Menschen kommen. Die Umweltgruppe der Petri-Nikolai-Gemeinde hat die Andacht initiiert. Zudem wird in den Rostocker Kirchen ein Schreiben mit dem Titel „Aufbruch 89 – Neues Forum“ verteilt.
Nach dem Donnerstagsgottesdienst am 19. Oktober 1989 formiert sich die erste „Donnerstagsdemo“ ausgehend von der Marienkirche und Petrikirche mit mehreren tausend Teilnehmern. Die Beteiligung an den Demonstrationen wächst von Woche zu Woche.
Die Marienkirche entwickelt sich zum Zentrum der Herbstbewegung in Rostock. Am 19. Oktober 1989 fanden erstmals Andachten in mehreren Kirchen statt. Sie stehen unter dem Motto: „Gottesdienst für gesellschaftliche Veränderungen“. Pastor Joachim Gauck hält in der Marienkirche eine Predigt, Stadtjugendpfarrer Jochen Schmachtel verliest die entsprechende in der Petrikirche.
Auch das Spruchband „Rostock – gewaltfrei für demokratische Zukunft“ manifestiert das Ziel der Herbstbewegung.
Das Neue Forum – im Herbst 89 die politische Hauptkraft der DDR Reformbewegung – fordert nicht nur Freie Wahlen. Auch die Zulassung von demokratischen Parteien, Reisefreiheit, Pressefreiheit und die Abschaffung der „Diktatur des Proletariats“ standen auf dem Forderungskatalog der oppositionellen Bewegung.
„Mit einem Pass kauft Ihr uns nicht“ – Faktisch traut hier keiner mehr den SED-Oberen, die mit dem Wink der Reisefreiheit die DDR retten wollen. Das kommt bei zahlreichen Bürgern nicht mehr an, die bereits auf Pro deutsche Einheit eingestellt sind.
November und Dezember 1989: Demonstranten stellen immer wieder Kerzen vor dem Rathaus (Foto), Haus der Armee und vor dem Gebäude der MfS-Bezirksverwaltung in der August-Bebel-Straße auf. Stets in friedlicher Absicht, ganz im Sinne von gewaltfrei für Demokratie.
Weitere Informationen zu Roland Hartig und seiner Arbeit findet ihr hier: https://www.foto-hartig.de/